Isaac Bashevis Singer, Sauerländer Verlag, Frankfurt 1966
– aus dem Englischen übersetzt von Rolf Inhauser
Alter: 8 Jahre
Besonderheit: Isaac Bashevis Singer hat mit seinen Texten unsere Vorstellung vom Schtetl ähnlich stark geprägt wie der „shrayber“ Sholem Aleichem. Ob dieser „Kuk tsurik“ uns einen realen Blick liefert, steht auf einem andern Blatt. Die Dichter, die ihn lieferten, waren ausgezogen in die weite Welt und fühlten sich voller Wehmut, Nostalgie und auch ironischer Distanz zurück. Trotzdem sollten wir unseren Kindern das Vergnügen und Staunen gönnen, sie lassen „umkukn zikh“ in dieser verwunschenen wie verschwundenen Welt, wofür sich die Texte des Literaturnobelpreisträgers Isaak Bashevis Singer ganz besonders eigenen. Natürlich spricht nichts dagegen, auch die realen Umstände jüdischen Lebens im Osteuropa des 18. und 19. Jahrhunderts anzusprechen. Auch wäre es schön, ein Stück aus dem Buch auf Jiddisch zu hören, der Sprache, in der Isaac Bashevis all‘ seine Bücher verfasst hat.
Dass „Zlathe die Geiss“, Singers erstes Buch für Kinder, 1969 den Deutschen Jugendliteraturpreis erhalten hat, hat sicher auch damit zu tun, dass es Kinder wie Erwachsene gleichermaßen anspricht.
Inhalt: Es gibt Dumme und Schlaue, Schöne und Hässliche, Alte und Junge, Tiere und Menschen. Sie leben Tür an Tür in der Enge des Schtetls und stellen sich für Singers Geschichten zur Verfügung. Geruch, Licht, Melodien und Stimmen haben sich zu unserem großen Glück unverrückbar im Kopf des großen jiddischen Schreibers festgesetzt, ebenso wie das, was das neugierige Ohr des Jungen, der er einmal war, im Vorzimmer des Vaters und Rabbiners an Skurrilitäten erhaschen konnte.
Bemerkung: Die Illustrationen von Maurice Sendak sind kongenial und lassen kaum andere zu. Die Geschichten von Singer hätten ihm, so Sendak, die unwiderstehliche Gelegenheit gegeben, seine „geliebten Geister zum Leben zu erwecken“, Tanten und Onkel, die die Shaoh überlebt hatten und sich gierig auf ihn, den kleinen Maurice, gestürzt hätten.
Kritik: Eigentlich keine, aber ein Gespanntsein auf eine angekündigte Neuübersetzung des Buches (2017) von Mirjam Pressler. Die alte – vom Jiddischen ins Englische – war noch von Singer selbst mitbetreut worden, und aus dem Englischen hat dann der versierte Rolf Inhauser ins Deutsche übersetzt. Mal sehen, was Mirjam Pressler da anders macht.
Neuauflage:
Isaac Bashevis Singer, Aladin Verlag, Hamburg 2017
– aus dem Englischen übersetzt von Mirjam Pressler
I’m sorry, die alte (vergriffene) Ausgabe gefällt mir besser: das Papier, die Schriftgröße, der großzügige Umgang mit dem Platz und auch die etwas widerspenstige Sprache. Und dass es da eben mal kein Glossar gab, kann ich auch fast genießen.
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