Chanukkatz oder Ruth, Chanukka und das Katzenwunder

Lena Kugler (Autor), Hermann Hülsenberg (Illustrator), Fischer Verlag, Frankfurt 2008

Rezension: Die dunkle Jahreszeit bringt nicht nur Lichterfeste mit sich. Wenn es dunkel wird, werden die Menschen bereit, an Wunder zu glauben und können sich gar nicht satt hören an Geschichten über sie, vorgelesen im Ker­zenschein und am besten draußen schneit es dazu. Kinder genießen das, brauchen das und sollen es haben, sind sie doch beinahe die Einzigen, die nicht nur an Wunder glau­ben, sondern auch Wunder erleben.

Zum Beispiel Ruth. Wie alt mag sie sein? So alt etwa wie ihre Bilderbuchbetrachter und immerhin die große Schwester von zwei Brüdern, Samuel und Lior. Die Straßen sind dunkel. „Nur in den Häusern ist es warm,/ in einigen wird schon der Weihnachtsbaum geschmückt,/ bei uns sitzt Samuel auf Papas Arm/ und zündet vorsichtig das erste Licht.“ Gemeint ist das erste Licht der Chanukkia und dieses „uns“ tut sehr gut. Wir schauen auf uns und nicht die andere, und bei uns ist Chanukka. Dort, wo Leuchter in den Fenstern stehen, ist das so.

Die Autorin Lena Kugler, 1974 in Singen am Hohentwiel geboren, erzählt in ihrem zweiten Kinderbuch und sicher aus eigener Erfahrung, was sich tut in einer Familie an Chanukka, zeigt, wie Tradition weitergeben wird: Man macht einfach, was man immer gemacht hat und nimmt das Fest mit allen Sinnen wahr. Lena Kugler vermittelt das aus Ruthis Kindermund, gereimt und dann wieder nicht, in Versform und dann wieder nicht, mal poetisch, fast feierlich, bis sich plötzlich und erfrischend der Alltag im Feiertag Bahn bricht. Eben noch gab es Münzen und Zuckersachen, dann muss man ins Bett, „und hinter mir gehen maulend meine Brüder“. Morgen werden diese Brüder mit Gummischwertern ausgerüstet Makkabäer spielen, „und wer beim Dreidelspiel bescheißt,/ kriegt gegen’s Schienbein einen Tritt“. Die besondere Behaglichkeit zieht mit einer schwarzen Katze ins Buch, einer schwarzen Katze, die zuvor noch eins war mit der schwarzen Nacht. Ruthi öffnet ihr das Fenster heimlich. „Und mit der Nacht schlüpft eine schwarze Katze durch den Spalt,/legt sich auf meine Füße, schnurrt, und sie sind nicht mehr kalt.“ Jetzt hat Ruthi ein Geheimnis. Mit ihrem Channukageld kauft sie einen kleinen Beutel Katzenfutter und wünscht, die Katze „wäre immer mein,/ doch wie ich meine Eltern kenne, steht das auf einem andern Blatt.“ Es ist ein Wunder, dass der Beutel für acht Tage reicht, die Katze wird zur Channukkatz und damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Der Illustrator Hermann Hülsenberg bebilderte die Geschichte mit einem großzügigen, wässrigen Pinselstrich. Die Kunstfertigkeit der Bilder macht die Kinder weder staunen, noch ehrfürchtig. Es wäre möglich, dass sie nach dem Buch bald nach Farb­kasten, Pinsel und einem großen Blatt Papier verlangen. Auch dafür könnte Zeit sein an Chanukka.

Katrin Diehl (Jüdische Allgemeine Wochenzeitung, Dezember 2008/51)

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