Leo Lionni, Beltz & Gelberg, Weinheim 1997
Dass die „Weltweit bekannte poetische“ Bilderbuchmaus Frederick (2017) 50 Jahre alt wird, bietet Gelegenheit, die Aufmerksamkeit auf Leo Lionni, ihren Kreator, zu lenken. Leo Lionni war einerseits viel mehr als ein Bilderbuchkünstler – nämlich auch pägender Grafik – wie Werbedesigner, Maler, Bildhauer, Texter, Filmemacher… -, andererseits können seine Kinderbücher tatsächlich als die Essenz eine Schaffensperiode angesehen werden. Ende der 5oer Jahre, Lionni ging immerhin auf die 50 zu, ermutigte ihn beim Mittagstisch im New Yorker Künstlertreff Del Pezzo für seine Spürnase bekannte Kinderbuchverleger Fabio Coen, aus den Papierbögen, die da vor ihm lagen, ein Kinderbuch zu machen. Über die Blätter, die Lionni ihm zeigte, bewegten sich grosse Farbklekse, näherten sich einander, erzählten dabei von Freunschaft und deren Nöten, während sich ganz nebenbei vor dem Auge des Betrachters Farbexperimente vollzogen. Für die Bilderbuchwelt war „Das kleine Blau und das kleine Gelb“ etwas total Neues, etwas, was weltweit Beachtung fand. Über die Jahre ließ lionni etwa 30 Bilderbücher folgen, die mit Collagen, Frottagen und darüber gezogene Linien den Blick führten und forderten. die Bücher funktionieren bis heute, was auch an ihrer Sprachlichen Klarheit liegt, die sich auf den Sinngehalt der parabelhaften Geschichten überträgt und bereits die kleinsten Betrachter bewegt.
„Ich war ebenso Bauhaus, wie ich Agnostiker, Liberaler und Jude war“, schreibt Leo Lionni in seiner Autobiographie „between words“, die er zu unserem großen Glück 1997, zwei Jahre vor seinem Tod, hinterlassen hat. Atemlos folgt man da einem dichten wie freien Leben. In den 30er Jahre hatte Lionni in Zürich und Genoa Ökonomie studiert. Er lernt seine spätere Frau Nora Maffi kennen, Tochter von Fabrizzio Maffi, Mitbegründer der Kommunistischen Partei Italiens (auch Lionni liebäugelte zeitlebens mit der Linken, weshalb er später in Amerika unterBeobachtung stand). Zwei Söhne werden geboren, ständig wird umgezogen, 1939 geht es in die USA. Für Lionni folgt der Aufstieg in die hohen Etagen Manhattans, wo die Grafik-, und Werbebranche sich breit machte. Er sorgt dafür, dass in den „advertisement departments“ auch für Künster wie Léger, Calder, Moore, Ray, Mondrian, Warhol… die Türen offen stehen. Und dannzieht es ihn in den 60er Jahren doch wieder nach Europa zurück, nach Italien.
Geboren wurde leo Lionni 1910 in Watergraafsmeer bei Amsterdam, der „Weltstadt der Diamentenindustrie“, und also hatte auch der Vater im Häuschen unterm Dach eine Werkstatt mit Diamentenschneidebank, für die Mutter, eine Opernsängerin, stand ein Stock tiefer der Flügel. Zu den hohen Feiertagen ging man zu Tante Trui mit dem äthiopischen Dienstmädchen, „Das wie eine zigeunersklavin in der Familie aufgewachsen war und nur jiddisch zu sprechen gelernt hatte.“ Onkel von beiden Seiten führten als Kunsthändler und -sammler den kleinen leo in die welt der Bilder ein. als neunjähriger bekommt er einen schwarzen Tisch geschenkt, „weil auf Schwarz alle Farben so gut aussehen“. Neben seinem Kinderzimmer hängt auf dem Flur „Der Chagall“, darauf der grüngeschichte flieder, der übers Schtetl fliegt, 2vielleicht der Geburtsort all der Geschichten, die ich je geschrieben, gemalt oder mir vorgestellt habe“. Zu diesen Geschichten gehört auch Frederick, die Maus, die Farben und Wörter in die karge Winterzeit rettet, damit die Familie überleben kann, dazu gehören aber auch das kleine blau und das kleine Gelb…
Die 50 Jahre Frederick Jubiläums-Edition ist bei Beltz & Gelberg erschienen.
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