König Hänschen

Janusz Korczak, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1973

Alter: Ab 9 Jahre

Besonderheit: Ein Buch, das es schafft, die Kinder zu verwirren, obgleich es aus ihrem Kopf zu stammen scheint. So entsteht Misstrauen den eigenen kindlichen Ideen gegenüber. Wünsche wie „nie mehr Schule, immer nur Eis, schlafen, solange man möchte“ u.Ä. werden als Dahingequatsche enttarnt. Die lieben Kinderlein müssen sich bequemen, etwas mit Hand und Fuß zu präsentieren. Was sich „König Hänschen“ ausdenkt, steht zur Diskussion und regt dazu an. „König Hänschen der Erste“ wurde 1923 von Janusz Korczak, dem bekannten polnischen Pädagogen und Arzt, geschrieben. Es zählt bis heute zu einem der beliebtesten Kinderbüchern in Polen. Der Reformpädagoge Janusz Korczak leitete in Warschau mehrere Waisenhäuser. Sie waren als „Kinderrepubliken“ organisiert. 1942 wird er mit seinen Helfern und allen Kindern des Waisenhauses Dom Sierot aus dem Warschauer Ghetto abgeholt, nach Treblinka deportiert und dort ermordet.

Natürlich kann man, wenn man sich für dieses Buch entschieden hat, auch auf die Lebensgeschichte von Janusz Korczak zu sprechen kommen. Meiner Meinung nach sollten man sich aber entscheiden zwischen der Biografie des Autors und dessen Texte. Die Bücher von Janusz Korczak, zumal die Kinder- und Jugendbücher, haben das Recht, für sich zu stehen. Allenfalls kann/soll eine Beziehung hergestellt werden zwischen Buch und gesetzt werden können/sollen mit dessen Blick auf Kinder.

Inhalt: Hänschen muss nach dem Tod seiner Eltern die Regierungsgeschäfte übernehmen. Auch wenn ihm dabei ein paar Minister hilfreich zur Seite stehen, … Hänschen würde natürlich viel lieber mit den anderen Kindern im Park spielen. Dazu bleibt ihm aber leider keine Zeit mehr. König Hänschen wird mit den Katastrophen der Welt konfrontiert, die er allesamt den lieben Erwachsenen zu verdanken hat: Krieg, Ungerechtigkeiten, Hass. Hänschen nimmt seine Sache ernst, betrachtet sie aus kindlicher Perspektive und versucht, Solidarität und Friede unter die Völker zu bringen.

Besser als andere Bücher, weil: … dem Helden auch Fehler passieren und seine Art zu denken, nicht ganz einfach zu verstehen ist. Das Buch ist beizeiten widerborstig und fordert das kritische Lesen. Der junge Leser spürt, da schreibt einer, der Kinder nicht idealisiert, was bedeutet, er nimmt sie ernst. Der Leser wird nicht an die Hand genommen. Umso mehr fordert der Text auf, selbst in die Hand zu nehmen. Versuchen wir wenigstens eine Woche lang im Reich „Klassenzimmer“, das Regiment abzugeben an die Kinder. Danach sehen wir weiter. Das Buch kam 1971 auf die Auswahlliste des Deutschen Jugendliteraturpreises, Janusz Korczak erhielt 1972 posthum den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.

Kleine Kritik: Warum muss der kleine König im Deutschen witzemäßig und volksliedhaft Hänschen heißen, wo er doch in Polen als König Macius regiert?

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